Demenz – Pflegegrade (2017/2018)

stetoskop+geldSeit 01. Januar 2017: Pflegegrade ersetzen die alten Pflegestufen

Die neue Pflegereform ist am 01. Januar 2017 in Kraft getreten. Sie ersetzt die bisherigen Pflegestufen durch die neuen Pflegegrade. Diese berücksichtigen nicht nur körperliche, sondern auch geistige Beeinträchtigungen, die zu einer Verschlechterung der Alltagskompetenz führen und eine Pflege notwendig machen. Dadurch erhalten vor allem Menschen, die zu Hause gepflegt werden oder an einer Demenz erkrankt sind, deutlich mehr Geld.

Tabelle Pflegegeld (z.B. für Angehörige) 2017/2018

Tabelle Pflegegeld 2017 2018

Die Geschichte der Pflegeversicherung

Die Betreuung alter Familienangehöriger war früher Sache der Großfamilie. Die Männer gingen arbeiten, die Frauen kümmerten sich um den Haushalt und die Großeltern, die mit ihnen unter einem Dach wohnten.
Heutzutage haben die Menschen nur wenige Nachkommen und teilen immer seltener ihr Zuhause mit ihnen. Männer wie Frauen gehen arbeiten und leben berufsbedingt oftmals weit entfernt. So wohnen zunehmend mehr alte Menschen nach Tod des Ehepartners, Scheidung oder Ehelosigkeit alleine. Tritt Pflegebedürftigkeit auf, wird eine ambulante, teil- oder vollstationäre Versorgung notwendig.

Bereits vor der Einführung der Pflegeversicherung sahen die Krankenkassen Leistungen für Pflegebedürftige vor. Diese waren so gering, dass die Sozialhilfe die hohen Kosten einer stationären Unterbringung decken musste.
Um das zu ändern, führte man 1995 die Gesetzliche Pflegeversicherung ein. Schon damals war absehbar, dass zusehends mehr ältere Menschen der Pflege bedürfen und immer weniger junge Beitragszahler diese finanzieren.
Das 2012 und 2013 eingeführte Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) trug erstmals der Tatsache Rechnung, dass nicht nur körperliche Erkrankungen zu Einschränkungen der Alltagskompetenz führen. Trotz geringer körperlicher Beeinträchtigungen bedürfen Demenzpatienten der Anleitung und Betreuung durch Andere.

Drei Pflegestärkungsgesetze weiten seit 2015 die Leistungsbeträge und Anspruchsmöglichkeiten in der ambulanten, teil- und vollstationären Pflege aus. Die drei Pflegestufen spiegelten den Hilfebedarf nur unzureichend wider, da viele Menschen mit Demenz oder psychischen Störungen durch das Raster fielen. Eine erste Anpassung erfolgte mit der Einführung der Pflegestufe 0, bei der eine eingeschränkte Alltagskompetenz als zentrales Kriterium galt. Die zum Jahreswechsel 2016/2017 in Kraft getretenen Pflegestärkungsgesetze II und III ersetzen die drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade. Diese berücksichtigen neben den körperlichen auch kognitive und psychische Beeinträchtigungen.

Einstufung in Pflegegrade

Die Pflegestufen richteten sich nach der Zeit, die eine nicht ausgebildete Pflegeperson wie ein Angehöriger benötigt, um die Pflege des Bedürftigen durchzuführen (Minutenpflege).
Die Einstufung in Pflegegrade erfolgt nach dem tatsächlichen Pflegebedarf, den ein Gutachter feststellt. Bei gesetzlich Krankenversicherten kommt dieser vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), bei Versicherten der Knappschaft vom Sozialmedizinischen Dienst (SMD) und bei Privatversicherten von der MEDICPROOF GmbH.
In welchem Maße eine Person ihren Alltag selbständig bewältigen kann, beurteilt der Gutachter anhand von 64 Kriterien aus sechs unterschiedlich gewichteten Lebensbereichen (Modulen):

  1. Mobilität (10 %).
    Wie gut kann der Patient alleine aufstehen, gehen oder sich hinsetzen?
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (15 % zusammen mit 3.).
    Wie gut ist die örtliche und zeitliche Orientierung? Kann er sich an einem Gespräch beteiligen und Gefahren erkennen?
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (15 % zusammen mit 2.).
    Leidet der Patient unter Ängsten, ist er aggressiv, besteht Selbst- oder Fremdgefährdung?
  4. Selbstversorgung (40 %).
    Kann der Patient selbständig essen, trinken, zur Toilette gehen und sich waschen?
  5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (20 %).
    Braucht der Patient beim Arztbesuch eine Begleitung? Kann er selbständig seine Medikation einnehmen?
  6. Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte (15 %).
    Wie selbständig gestaltet der Patient seinen Tagesablauf und pflegt seine sozialen Beziehungen?
    Dabei stellt der Gutachter fest, ob der Patient diese Alltagsaufgaben

      • selbständig,
      • überwiegend selbständig mit nur wenig Hilfe,
      • überwiegend unselbständig mit viel Hilfe oder
      • unselbständig nur mit Hilfe

    bewältigen kann.

Bei jedem Kriterium vergibt der Gutachter bis zu neun Punkte. Die Anzahl der Punkte steigt mit wachsender Unselbständigkeit. In jedem Modul findet eine Aufaddierung der Punkte statt. Nach einer vorgegebenen Formel errechnet sich daraus der Pflegegrad.

Pflegegrade ab 01. Januar 2017

Die Pflegegrade spiegeln die Befähigung einer Person zu selbständiger Lebensführung wider:

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Pflegeanforderungen

Der neue Pflegegrad 1 ist für alle Menschen gedacht, die in den bisherigen Regelungen nicht berücksichtigt wurden. Durch einen Teilzugang zu den Leistungen der Pflegekasse will man deren Selbständigkeit erhalten oder wiederherstellen.
Die neuen Pflegegrade finanzieren sich aus erhöhten Beiträge der gesetzlichen Pflegeversicherung. Kinderlose zahlen 2,8 %, Pflegeversicherte mit Kindern 2,55 % ihres Einkommens.

Automatische Änderung bestehender Pflegestufen in Pflegegrade

Bei einer bereits bestehenden Einordnung erfolgte die Überleitung in die neuen Pflegegrade automatisch. Dabei galt bei Menschen mit ausschließlich körperlicher Behinderung die Regel
Pflegestufe = Pflegegrad +1
und bei Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz etwa infolge einer Demenz die Regel
Pflegestufe = Pflegegrad +2

Übersicht über die neuen Leistungen

Im Pflegegrad 1 erhalten nun erstmals Menschen Leistungen, die erst vergleichsweise geringe Einschränkungen aufweisen.

Pflegegrade Geldleistung Sachleistung Entlastungsbetrag Leistungsbetrag
  ambulant ambulant ambulant (zweckgebunden) vollstationär
Pflegegrad 1     125 € 125 €
Pflegegrad 2 316 € 689 € 125 € 770 €
Pflegegrad 3 545 € 1.298 € 125 € 1.262 €
Pflegegrad 4 728 € 1.612 € 125 € 1.775 €
Pflegegrad 5 901 € 1.995 € 125 € 2.005 €

Pflegegeld für häusliche Pflege

Durch die neuen Pflegestärkungsgesetze I-III erhalten fast alle Pflegebedürftigen höhere Leistungen. Wenn Angehörige oder Ehrenamtliche die Pflege eines Patienten übernehmen, kann diese Pflegegeld beanspruchen.

Pflegebedürftigkeit in Pflegestufe monatliche Leistungen seit 2015 Pflegebedürftigkeit in Pflegegraden monatliche Leistungen seit 2017
Pflegegrad 1 Leistungen nach § 28a SGB XI
„sog. „“Pflegestufe 0″“ (mit Demenz)“ 123,00 € Pflegegrad 2 316,00 €
Pflegestufe I ohne Demenz 244,00 € Pflegegrad 2 316,00 €
Pflegestufe I mit Demenz 316,00 € Pflegegrad 3 545,00 €
Pflegestufe II ohne Demenz 458,00 € Pflegegrad 3 545,00 €
Pflegestufe II mit Demenz 545,00 € Pflegegrad 4 728,00 €
Pflegestufe III ohne Demenz 728,00 € Pflegegrad 4 728,00 €
Pflegestufe III mit Demenz 728,00 € Pflegegrad 5 901,00 €

Pflegesachleistungen für häusliche Pflege

Pflegesachleistungen werden gezahlt, damit ein Versicherter die Dienste eines ambulanten Pflegedienstes in Anspruch nehmen kann. Dabei ist eine Kombination mit den Zahlungen an Pflegegeld möglich.

Pflegebedürftigkeit in Pflegestufen Maximale Leistungen pro Monat seit 2015   Pflegebedürftigkeit Maximale Leistungen pro Monat seit 2017
In Stufen Max. Leistungen pro Monat in Euro   In Graden Max. Leistungen pro Monat in Euro
  Pflegegrad 1 Leistungen nach § 28a SGB XI
Pflegestufe 0 mit Demenz 231 €   Pflegegrad 2 689 €
Pflegestufe I ohne Demenz 468 €   Pflegegrad 2 689 €
Pflegestufe I mit Demenz 689 €   Pflegegrad 3 1.298 €
Pflegestufe II ohne Demenz 1.144 €   Pflegegrad 3 1.298 €
Pflegestufe II mit Demenz 1.298 €   Pflegegrad 4 1.612 €
Pflegestufe III ohne Demenz 1.612 €   Pflegegrad 4 1.612 €
Pflegestufe III mit Demenz 1.612 €   Pflegegrad 5 1.995 €
Härtefall ohne Demenz 1.995 €   Pflegegrad 5 1.995 €
Härtefall mit Demenz 1.995 €   Pflegegrad 5 1.995 €

Pflegehilfsmittel

Nach der neuen Regelung haben nun auch Versicherte ab dem Pflegegrad 1 Anspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln, die die häusliche Pflege oder die selbständige Lebensführung erleichtern oder die Beschwerden lindern. Verbrauchsmaterialien wie Windeln, Inkontinenzeinlagen oder Betteinlagen werden bis zu einer Höhe von 40 € monatlich erstattet.

Pflege bei Verhinderung einer Pflegeperson

Ist die pflegende Person durch Urlaub oder Krankheit vorübergehend nicht in der Lage, die Pflege einer versicherten Person zu übernehmen, kann diese ersatzweise durch nahe Angehörige, ehrenamtliche Pflegende, Einzelpflegekräfte oder einen ambulanten Pflegedienst übernommen werden. Zudem kann maximal die Hälfte des Leistungsbetrages für die Kurzzeitpflege (bis zu 806 €) für die Verhinderungspflege ausgegeben werden. Eine Verhinderungspflege wird bis zu sechs Wochen pro Jahr gewährt. Die Kosten für eine notwendige Ersatzpflege werden in einer Höhe bis zu 1.612 € pro Kalenderjahr übernommen. Die Leistungen der Verhinderungspflege stehen Versicherten ab dem Pflegegrad 2 zu.

Kurzzeitpflege

Nach Krankenhausaufenthalten oder Krisensituationen in der häuslichen Pflege sind Versicherte oftmals auf eine kurzzeitige vollstationäre Pflege angewiesen. Der im Kalenderjahr noch nicht verbrauchte Betrag für die Verhinderungspflege kann für die Aufwendungen einer solchen Kurzzeitpflege eingesetzt werden. Für eine solche Unterbringung in einer stationären Einrichtung besteht ab Pflegegrad 2 ein Anspruch auf bis zu acht Wochen. Der Betrag beläuft sich auf bis zu 1.625 € pro Kalenderjahr. Im Pflegegrad 1 wird ein Entlastungsbetrag bis zu 125 € gewährt. Die Leistungen für die Kurzzeitpflege werden auf den Leistungsbetrag der Verhinderungspflege angerechnet.

Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen

Werden Versicherte daheim gepflegt, können Anpassungen des Wohnumfeldes an die Beeinträchtigungen sinnvoll sein, wie etwa eine Rollstuhlrampe oder der barrierefreie Umbau des Badezimmers. Pro Maßnahme werden ab Pflegegrad 1 bis zu 4.000 € gewährt, bis zu 16.000 €, wenn mehrere Antragsberechtigte zusammen wohnen.

Teilstationäre Leistungen der Tages- und Nachtpflege

Wird ein Versicherter im Verlaufe eines Tages teilstationär in einer Pflegeeinrichtung betreut, läuft dieses unter Tages- und Nachtpflege. Seit 2015 werden die entsprechenden Leistungen nicht mehr auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen angerechnet. Seit 2017 können ab dem Pflegegrad 2 entsprechende Leistungen der Tages- und Nachtpflege in Anspruch genommen werden.

Pflegebedürftigkeit in Pflegestufen maximale Leistungen pro Monat seit 2015 Pflegebedürftigkeit in Pflegegraden maximale Leistungen pro Monat ab 2017
Pflegegrad 1 bis zu 125 Euro einsetzbarer Entlastungsbeitrag
Pflegestufe 0 mit Demenz 231 € Pflegegrad 2 689 €
Pflegestufe I ohne Demenz 468 € Pflegegrad 2 689 €
Pflegestufe I mit Demenz 689 € Pflegegrad 3 1.298 €
Pflegestufe II ohne Demenz 1.144 € Pflegegrad 3 1.298 €
Pflegestufe II mit Demenz 1.298 € Pflegegrad 4 1.612 €
Pflegestufe III ohne Demenz 1.612 € Pflegegrad 4 1.612 €
Pflegestufe III mit Demenz 1.612 € Pflegegrad 5 1.995 €

Leistungen der vollstationären Pflege

Versicherte, die in einem Pflegeheim leben, werden mit Leistungen für die vollstationäre Pflege unterstützt. Bei der Umstellung auf die neuen Pflegegrade wurden die Leistungsbeiträge neu berechnet. Dabei besteht ein Bestandsschutz, durch den Versicherte vor einer finanziellen Schlechterstellung bewahrt wurden. Erstmals erhalten auch Pflegebedürftige mit Demenz aus der bisherigen Pflegestufe 0 Leistungen zur vollstationären Pflege.

Bisher stiegen die Leistungen der Pflegeversicherungen zusammen mit dem Eigenanteil, wenn Versicherte höher eingestuft wurden. In Zukunft bleibt der Eigenanteil auch bei der Einstufung in einen höheren Pflegegrad konstant.

Pflegebedürftigkeit in Pflegestufen maximale Leistungen pro Monat seit 2015 Pflegebedürftigkeit in Pflegegraden maximale Leistungen pro Monat ab 2017
Pflegegrad 1 Zuschuss in Höhe von 125 Euro monatlich
Pflegestufe 0 mit Demenz –   € Pflegegrad 2 770 €
Pflegestufe I ohne Demenz 1.064 € Pflegegrad 2 770 €
Pflegestufe I mit Demenz 1.064 € Pflegegrad 3 1.262 €
Pflegestufe II ohne Demenz 1.330 € Pflegegrad 3 1.262 €
Pflegestufe II mit Demenz 1.330 € Pflegegrad 4 1.775 €
Pflegestufe III ohne Demenz 1.612 € Pflegegrad 4 1.775 €
Pflegestufe III mit Demenz 1.612 € Pflegegrad 5 2.005 €
Härtefall ohne Demenz 1.995 € Pflegegrad 5 2.005 €
Härtefall mit Demenz 1.995 € Pflegegrad 5 2.005 €

Entlastungsbetrag

Seit 2017 erhalten Pflegebedürftige aller Pflegegrade, wenn sie ambulant gepflegt werden, einen Entlastungsbetrag