Demenz Unterform: Alzheimer

Alzheimer ist nicht gleich Demenz

Oftmals setzt man Alzheimer und Demenz gleich. Dabei ist Alzheimer nur eine spezielle Form der Demenz. Sie stellt etwa zwei Drittel aller demenziellen Erkrankungen. Die zweithäufigste demenzielle Erkrankung, die vaskuläre Demenz, kommt auf lediglich 15 Prozent.

In Deutschland betrifft Alzheimer rund eine Million Patienten, von denen die meisten über 80 Jahre alt sind, vorwiegend Frauen. Die Patientenzahlen steigen wie bei allen Formen von Demenz stark an. Laut Prognosen der Vereinten Nationen soll bis zum Jahr 2050 jeder fünfundachtzigste Mensch an Alzheimer leiden.

Weitere Informationen über die verschiedenen Formen von Demenz finden Sie in unserem Ratgeber Demenz.

Fehlgefaltete Proteine als Ursache von Alzheimer

Jedes Eiweiß unseres Körpers benötigt für seine Funktion eine korrekte dreidimensionale Struktur. Diese Faltung ist das Ergebnis eines komplizierten Prozesses. Ist dieser gestört, können die so gebildeten Proteine ihre Aufgaben nicht erfüllen. Die defekten ribosomalen Produkte (DRiPs) werden nicht abgebaut, sodass sie Aggregate bilden und die Zellen absterben lassen.

So etwas ist typisch für viele neurodegenerative Erkrankungen. Lange Zeit vor den ersten klinischen Symptomen lassen sich im Gehirn von Patienten die von Alzheimer beschriebenen senilen Plaques nachweisen, die vorwiegend aus fehlgefaltetem β-Amyloid (Aβ) bestehen. An diese lagern sich Neurofibrillen an und bilden charakteristische Strukturen. Hinzu kommen falsch gefaltete tau (τ)-Proteine und fehlgefaltetes α-Synuklein, weswegen man Alzheimer auch zu den Tauopathien und α-Synukleinopathien zählt.

Welche Anzeichen für Alzheimer gibt es?

Symptome von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen sind ein fortschreitender Verlust der kognitiven Leistungsfähigkeit und das Auftreten von Verhaltensauffälligkeiten. Die Patienten sind vergesslich, räumlich und zeitlich desorientiert, finden nicht die richtigen Worte und sind immer weniger in der Lage, ganz alltägliche Dinge zu tun wie sich anzuziehen oder die Zähne zu putzen. Hinzu kommen Persönlichkeitsveränderungen wie Unruhe, Aggressivität und/oder Depressionen.

Im fortgeschrittenen Stadium baut die Muskulatur zusehends ab, was die sprachlichen Fähigkeiten weiter vermindert und zu Harn- und Stuhlinkontinenz führt. Die Patienten werden bettlägrig und benötigen bei allen Tätigkeiten Unterstützung. Oft sind Herzinfarkt oder Lungenentzündung finale Todesursache.

Diagnose von Alzheimer: Früherkennung kaum möglich

Zu Alzheimers Zeit war Autopsie die einzige Methode für eine sichere Diagnose. Erst bei der Leichenschau war es möglich, die Schrumpfungen des Gehirns zu erkennen und die typischen Plaques in der Hirnrinde mikroskopisch festzustellen.

Bei Verdacht auf Demenz nimmt der Arzt heute eine Reihe von Basisuntersuchungen vor, zu denen auch neuropsychologische Tests wie Mini-Mental-Status (MMST) oder DemTect gehören. Drei solcher Tests können Sie ganz einfach selbst durchführen. Die Formulare dazu finden Sie hier.

Die Schrumpfung des Gehirns lässt sich mit geeigneten bildgebenden Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT), Positronen-Emissionstomographie (PET) oder Einzelphotonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) nachweisen. Mit speziellen Markersubstanzen kann man beim Neuroimaging bestimmte Strukturen des Gehirns ähnlich wie durch ein Kontrastmittel sichtbar machen.

Unangenehm für Patienten ist die Entnahme von Nervenwasser (Liquor) aus dem Rückenmarkskanal. Der Liquor cerebrospinalis umspült Gehirn und Rückenmark und steht mit den Hohlräumen (Ventrikeln) des Gehirns in direktem Kontakt. Im Nervenwasser lassen sich β-Amyloid1-42 und die tau-Proteine p-tau und t-tau detektieren.

Mittlerweile gibt es erste Ansätze, bestimmte Biomarker im Blut von Alzheimer-Patienten mittels Antikörpern oder Massenspektrometern aufzuspüren. Diese Methoden stehen jedoch noch am Anfang.

Wie kann man Alzheimer behandeln?

Eine zufriedenstellende Therapie von Alzheimer ist trotz immenser Anstrengungen noch nicht möglich. Sind Nervenzellen erst einmal geschädigt, kann man das nicht mehr rückgängig machen. Daher gilt Alzheimer als nicht heilbar. Mit geeigneten Medikamenten und einer nicht-medikamentösen Behandlung wie Verhaltenstherapie und kognitivem Training lässt sich der Krankheitsverlauf jedoch lange herauszögern.

Wissenschaftler gehen mittlerweile davon aus, dass die Erkrankung ab einem bestimmten, recht frühen Stadium nicht mehr auf Behandlung anspricht und therapieresistent wird. Umso wichtiger wäre eine zuverlässige Methode zur Früherkennung, um noch innerhalb eines begrenzten therapeutischen Fensters aktiv werden zu können.

Zu einer leichten Verbesserung der Symptome führt ein N-Methyl-D-Aspartat (NDMA)-Antagonist, der bei uns unter dem Handelsnamen Memantin® zugelassen ist. Wissenschaftler und Mediziner arbeiten mit Hochdruck an weiteren Behandlungsmöglichkeiten. So konnten sie zeigen, dass Substanzen aus Rotwein, Jakobsmuscheln oder Erdbeeren gegen Alzheimer helfen. Sogar eine spezielle Hirnzellenmassage und ein Extrakt aus Ginkgo vermag das Krankheitsbild zu verbessern.

Wie hoch ist die Lebenserwartung bei Alzheimer?

Im Durchschnitt liegt die Lebenserwartung nach der Diagnose Alzheimer bei sieben bis zehn Jahren. Der Krankheitsverlauf ist jedoch sehr unterschiedlich, sodass Patienten wesentlich schneller ins Endstadium gelangen oder noch viele Jahre weiterleben.

Die berühmteste Unterhaltung der Medizingeschichte

Im Keller der Psychiatrischen Universitätsklinik Niederrad fand man 1995 eine Krankenakte, in der die wohl berühmteste Unterhaltung der Medizingeschichte dokumentiert wurde:

„Wie heißen Sie?“

„Auguste.“

„Familienname?“

„Auguste.“

„Wie heißt Ihr Mann?“

„Ich glaube Auguste.“

„Ihr Mann?“

„Ach so.“

Kein Gespräch zwischen einem Arzt und seiner Patientin ist so berühmt geworden wie das zwischen dem Nervenarzt Alois Alzheimer und seiner Patientin Auguste Deter. Er betreute ab 1906 die damals erst 51-jährige Frau.

Ihr Mann hatte sie fünf Jahre zuvor in die „Städtische Anstalt für Irre und Epileptische“ in Frankfurt am Main einweisen lassen. Binnen eines halben Jahres hatte sich ihre Persönlichkeit so dramatisch verändert, dass er sich nicht mehr anders zu helfen wusste. Sie versteckte Dinge, scheiterte an alltäglichen Verrichtungen, war eifersüchtig und stritt sich mit den Nachbarn.

1906 starb Auguste Deter ausgezehrt und völlig desorientiert. Alzheimer ließ sich das Gehirn der Verstorbenen an seine neue Arbeitsstelle in München schicken. Er fand es geschrumpft und mit merkwürdigen Ablagerungen durchsetzt, die er als Plaques bezeichnete. Seine Ergebnisse über die „Krankheit des Vergessens“ veröffentlichte er in Tübingen auf einem Kongress und in einer Zeitschrift unter dem Titel „Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde“.

Sein Chef, der Psychiater Emil Kraepelin, schlug in seinen Arbeiten für die Erkrankung den Namen vor, der bis heute geblieben ist: Alzheimersche Krankheit, Morbus Alzheimer oder kurz Alzheimer.

Quellen und weiterführende Literatur

  • Alois Alzheimer: Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde. Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und Psychisch-gerichtliche Medizin. 1907 Jan;64:146-8.
    Originaltext auf alzforum.org
  • Konrad Maurer, Ulrike Maurer: Alzheimer. München: 2000:Piper-Verlag. ISBN-10: 492232205).
  • Stadt Frankfurt: Das verlorene Gedächtnis. Link.
  • Alzheimer Forschung Initiative e.v. – Link.
  • Fiandaca MS, Mapstone ME, Cheema AK, Federoff HJ: The critical need for defining preclinical biomarkers in Alzheimer’s disease. Alzheimers Dement. 2014 Jun;10(3 Suppl):S196-212. Review. PDF.
  • Nabers A, Perna L, Lange J, Mons U, Schartner J, Güldenhaupt J, Saum KU, Janelidze S, Holleczek B, Rujescu D, Hansson O, Gerwert K, Brenner H: Amyloid blood biomarker detects Alzheimer’s disease. EMBO Mol Med. 2018 May;10(5). pii: e8763. doi: 10.15252/emmm.201708763. PDF.